Als Dank für zur Verfügung gestellte Ausstellungsräumlichkeiten wurden uns diese hier präsentierten Bilder von Homberger Künstlern geschenkt.
Wir gelangen nun in den Ausstellungsraum über das preußische Lehrerseminar, welches als Ausbildungsinstitut für Volksschullehrer von 1835 bis 1925 in Homberg beheimatet war. Besonderen Wert wurde auf die theologische, musikalische und gärtnerische Ausbildung gelegt. Die angehenden Lehrer sollten in den Dörfern die Orgel spielen, den Gesangverein leiten und die Landfrauen mit ertragssteigernden Gartentechniken vertraut machen (3-jährige Ausbildung).
Im Seminar pflegte man studentische Lebensformen (Mützen, Farben, Bänder) (Anm. 23).
Die „Präparandenanstalt“, in Homberg „Präparande“ genannt, sollte junge, begabte Jugendliche, die aufgrund örtlicher Umstände Wissenslücken hatten, auf die Aufnahmeprüfung für das Seminar vorbereiten (3 Jahre). Insgesamt dauerte die Junglehrerausbildung nach der Konfirmation also 6 Jahre, ohne militärische Pflichtdienstzeit (meistens 3 Jahre), bevor die Übernahme in den Schuldienst erfolgte.
Im Raum dahinter haben wir einen Dorfschul-Klassenraum aus „Kaisers Zeiten“ (vor 1918) aufgebaut.
Das neugotische Fenster im Vorraum stammt aus der Marienkirche. Es war in die Trennungsmauer zur Sakristei eingebaut (in der Kirche oben links in der Verlängerung der Kanzel).
Die Bank mit den eingefrästen Buchstaben BCE (Berlin-Coblenzer Eisenbahn) stand im Warteraum des Homberger Bahnhofs. Diese Strecke, die „Kanonenbahn“ (1879 bis 1974), war damals gebaut worden, um bei einem möglichen Revanchekrieg Frankreichs erfolgreich reagieren zu können.
Links befindet sich der Kirchenraum:
Auf der rechten Seite informiert eine beleuchtete Schautafel über die Lage ehemaliger und gegenwärtiger Homberger kirchlicher Orte.
Eine Kirchturmuhr aus dem Stadtteil Welferode erläutert die Mechanik der Zeitanzeige und des Stundenschlags.
Die Glocke stammt aus dem „Hospital zum Heiligen Geist“ in der „Freiheit“ (siehe auch Info5).
Die Vitrine links zeigt liturgische Geräte aus der Marienkirche. Das älteste Ausstellungsstück ist das Tauftuch in der Vitrine neben der Tür (ca. 500 Jahre alt).
Den Raum beherrscht das Modell des Praemonstratenserinnen-Klosters St. Georg.
Wieder im Treppenhaus angekommen, gehen wir nun nach links bis zur Stufe und dann geradeaus zum Hochzeitssaal.
Im Durchgang hängen Bilder von Homberger Künstler/innen, von denen einige nach 1945 hier heimisch waren.
Im Saal, den wir auch für Ausstellungen und Veranstaltungen nutzen, begegnen uns wieder Öfen des Eisenwerkes Holzhausen.
Gleich hinter der Tür links stehen die Gewänder des Hessentagspaares (2008), sie sind denen eines wohlhabenden Bürgerpaars des ausgehenden Mittelalters nachempfunden.
Von dem großen „Drei-Kaiser-Ofen“ links sind 3 Gips-Modeln in der Vitrine daneben ausgestellt. Das „Drei-Kaiser-Jahr“ war 1888: Kaiser Wilhelm I, Friedrich III und Wilhelm II, von denen der liberal eingestellte Friedrich III. nur 99 Tage im Amt war, bevor er an Kehlkopfkrebs verstarb.
Im Nachhinein betrachtet war dies ein großes Unglück für die Weiterentwicklung der deutschen Geschichte.
Das schönste Stück unserer Ofensammlung ist der „Märchenofen von den drei Raben“ geradeaus vor uns. Die Vorlagen dazu liegen in der Vitrine links und sind von Moritz v. Schwind (1814 – 1871) entworfen worden (Info 15 und 16).
Das 19. Jahrhundert schätzte Eisen sehr. Beispiel dafür ist der bekannteste preußisch-deutsche Orden, das „Eiserne Kreuz“. Davon legen einige Exponate in den Vitrinen Zeugnis ab.
In der Ecke links unter dem Fenster befindet sich das (Original-)Grabkreuz der Äbtissin Marianne vom und zum Stein, einer Schwester des bekannten preußischen Ministers Karl vom und zum Stein (1757 – 1831). Er war zusammen mit seinem Nachfolger, Karl August von Hardenberg, der Schöpfer der Städte- und Gemeinde-Ordnung (ab 1807).
Sie ist die Grundlage für die modernen Selbstverwaltungen der Gemeinden in Deutschland geworden, wie zum Beispiel der Hessischen Gemeindeordnung (HGO) hier bei uns.
Sicher hat Stein während der Besuche in Homberg mit seiner Schwester und anderen Verschwörern im Gartenhaus des Freiadligen Damenstifts
Wallenstein (heute: Dörnbergtempelchen an der Ecke Bischofs- und Bergstraße) die Planungen für den Dörnberg-Aufstand diskutiert.
Das Doppelgrab der Stiftsdamen Marianne vom und zum Stein (✝1831) und ihrer Nachfolgerin Charlotte von Gilsa (✝1822), einem weiteren Mitglied der Verschwörergruppe, befindet sich noch heute im „Stadtpark Alter Friedhof“ an der Drehscheibe.
An einer Wand ist schematisch der Arbeitsablauf im Eisenwerk Holzhausen angebracht. Ein Modell zeigt das Werk im Jahr 1923 (siehe Anm. 22).
Der „Großvater“ liegt krank im „Himmelbett“, und die „Großmutter“ in niederhess. Spitzbetzeltracht bringt eine Wärmflasche.
Gardinen und Himmel dienten nicht nur der Wärmespeicherung im Winter, sondern auch der Ungezieferabwehr (Wanzen!).
Die festliche Tracht, rechts vom Himmelbett, gehörte zur Kleidung einer modernen Landjugend-Gruppe, die niederhessische Volkstänze vorführte. Die niederhessische Spitzbetzeltracht war viel einfacher gehalten.
Links sehen wir eine Strumpfstrickmaschine des Wirkers Wolf aus der Untergasse und eine „Homberger Weste“ der Strickerei Russack aus der Westheimer Straße. Sie wurde von den Bauern der Umgebung gern bei der Arbeit getragen.
Beide Geschäfte existieren schon lange nicht mehr.
Rechts daneben schauen wir in eine kleinbürgerliche Küche des 19. Jahrhunderts.
Auf dem Herd links wurde das Essen gekocht, der Kuchen gebacken und im „Schiff“ heißes Wasser vorgehalten. Dahinter steht eine „Butterwiege“ zur Buttererzeugung. So konnten selbst Kinder oder alte Leute ihren Beitrag zum Haushalt leisten.
Auf dem quadratischen Tisch stand die Schüssel mit dem Mittagsbrei, den die Großfamilie, quer zum Tisch mit dem Holzlöffel in der rechten Hand, umstand.
Auf dem Treppenabsatz informiert links eine Vitrine über die Vorrechte Homberger Zünfte vor der Gewerbefreiheit (1810).
Der älteste Zunftbrief stammt aus dem Jahre 1398.
Die Vitrine rechts ist „Messen und Wiegen“ gewidmet. Sie zeigt „Ellen“, Maße und Gewichte aus der Vergangenheit (Anm. 18).
Die Hobelbank im Hintergrund stammt aus der Schreinerei und Möbelhaus Höse in der Untergasse, einem heute leider nicht mehr exsistierenden Traditionsbetrieb. In dem Gebäude befinden sich heute Arztpraxen und Büros.
Die Haustür dahinter mit biblischen Motiven zierte einst die Metzgerei Asbrand am Marktplatz (heute Uhren Bähr).
Die Tür vor Kopf stammt aus der ehemaligen Schnettlerschen Mühle im Süden der Stadt gelegen (Nähe des heutigen Gebäudes vom Reiterverein).
Rechts neben der Stufe befindet sich eine Vitrine mit Gegenständen der ehem. Brauerei. Selbige wurde im Jahre 1907 auf Initiative von Emil Rechberg als GmbH gegründet. Homberger 3 Löwenbräu war schnell ein beliebtes Bier in Nordhessen und steigerte die Produktion und Artenvielfalt ständig. 1971 waren es 42000 Hektoliter. 1972 übernahm die Frankfurter Binding Brauerei durch Ankauf der Gesellschafteranteile und entsprechendem Beschluss einer Hauptversammlung diese florierende Braustätte.
Bier war in Homberg viele Jahrhunderte lang ein beliebtes Getränk, nicht zuletzt aus hygienischen Gründen (s. auch Anm. 2 über die Wasserversorgung).
Im 16. Jahrhundert gab es 3 städtische Brauhäuser, ein oberes, wahrscheinlich in der Salzgasse, ein unteres in der Untergasse/Entengasse und eines in der Freiheit (ohne genaue Standortangaben).
Im 19. Jhh. wird von mehreren Privatbrauereien berichtet, wie z.B. von Conrad Ulrich in der Bischofstraße (bis 1905) und Heinrich Malkomeß in der Untergasse.
Es zeigt die Altstadt um etwa 1400, also vor den Zerstörungen durch den 30-jährigen Krieg (1618 – 1648) und ist das Werk des bekannten Gelnhäuser Modellbauers Otto Berndt, der es Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre des vorigen Jahrhunderts erbaute. Es fehlt die mit eigenen Mauern versehene Kaufmannssiedlung „Die Freiheit“, (ab 1356 entstanden, mit eigener Kirche). Diese liegt im Süden der Stadt und wäre dann an der Fensterfront zu sehen. Die Hohenburg hat man sich im Norden, auf der Seite mit den historischen Karten vorzustellen. Das Modell wurde 2021 durch den Plastikmodellbau-Club Fritzlar-Homberg sachkundig restauriert.
Hier wurde eine Vitrine über den in Homberg geborenen Hans Staden (1525 bis 1576) eingerichtet. Sein Reisebericht über Brasilien „Wahrhaftige Historia“ erschien 1557 und wurde weltweit zum Bestseller. In Deutschland geriet das Buch in Vergessenheit, bis es in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts eine Renaissance erlebte. Das Buch ist bis heute eine wichtige Quelle für die Geschichte Brasiliens (Anm. 3).
Weiter gehen wir in den Apotheker- und Ärzteraum:
Hier werden Geräte und Bilder der ehemaligen „Engelapotheke“ am Marktplatz (heute: Haus der Geschichte) gezeigt. Viele Ausstellungs- stücke stammen aus dem 18. und 19. Jahrhundert. Bemerkenswert sind eine Kräutermühle sowie ein Destillierofen. Außerdem liegen in den Schränken Instrumente einer Arztpraxis der fünfziger Jahre des 20. Jahrhunderts.
Der Rundgang führt uns nun in den Raum der Reformation:
Zweimal ist Homberg aus seiner kleinbürgerlich verträumten Enge herausgetreten und Teil der großen Geschichte geworden. Einmal beim Dörnberg´schen Aufstand, auf den wir später noch bei unserem Rundgang stoßen werden, sowie anlässlich der Homberger Synode von 1526, die hier in diesem Raum mit anderen Schriften und Personen vorgestellt werden. Einige Dokumente liegen in einer Mappe in Normalschrift zur Einsicht bereit. Voraussetzung für die Einführung der Reformation in Hessen und damit der Synode von 1526 in Homberg war der Reichstagsabschied (= Beschluss) zu Speyer im Sommer 1526, in dem Kaiser Karl V. den Landesfürsten freie Hand bei der Wahl der Konfessionen gewährte. Dominierende Persönlichkeit bei Vorbereitung, Verlauf und Ergebnis der Synode war inhaltlich der ehemalige Franziskanermönch Lambert von Avignon, der in Homberg auch die Kirchengüter zur Disposition stellte. Das Ergebnis der Synode war: Bildung eines Ausschusses mit dem Auftrage, eine reformierte Kirchenordnung für die Landgrafschaft Hessen auszuarbeiten. Dieser Ausschuss arbeitete bis Dezember 1526 und legte eine „Reformatio ecclesiarum Hassiae“ vor. Diese Kirchenordnung wurde zwar von Philipp (und auch Luther) aus politischen Gründen in Hessen nicht wirksam, hat aber in Gesamtdeutschland und Teilen Europas einen gewissen Einfluss ausgeübt. Die Absicht, in Hessen generell die Reformation einzuführen und die Gründung der Universität Marburg blieb bestehen. Auch die Auflösung der Klöster lag im Interesse des Landgrafen und wurde durchgeführt. Lambert von Avignon soll während seines Homberg-Aufenthaltes im Hospiz des Klosters St. Georg übernachtet haben. Sein großer Gegenspieler in den Verhandlungen der Synode war auf katholischer Seite Nikolaus Ferber. Wir sehen uns nun das Foto des historistischen Glasfensters der Marienkirche auf der rechten Seite an: Es stellt eine Szene aus den Verhandlungen dar.
Oben thront Landgraf Philipp der Großmütige,
unten links: Franz Lambert, Wortführer der Protestanten,
unten rechts: Nikolaus Ferber, Verteidiger des katholischen Standpunkts.
Näheres über beide ist in den Anm. 4 und 5zu erfahren.
Wer feiern möchte, braucht Essen und Trinken. Deshalb baute die Stadt 1527 den Küchenbau hinter dem Hochzeitshaus.
Im Innenhof stehen rechts Grabsteine, Grenzsteine, 2 Turmuhrengewichte und eine gotische Kreuzblume von der Marienkirche.
Links ist die Entwicklung der Homberger Wasserversorgung dokumentiert: von offenen Rinnen, über gebohrte Holzrohre bis zu modernen Plastikrohren (Anm. 2).
Eine Bronzeplatte (vor Kopf) mit Inschrift stammt aus dem Hospital zum Heiligen Geist im Stadtteil Freiheit, gegossen 1575/78. Sie kündet von dem Patron des Hospitals Hans A. von Wildungen. (Info 5)
In der Küche steht in der Mitte ein Braukessel, und der Kamin ist so groß, dass man einen ganzen Ochsen braten konnte. Den aufgemauerten Herd hier müssen Sie sich dazu wegdenken. Dieser ist aber typisch für Küchenöfen des Mittelalters, wie man auf dem Bild aus „Monumente“, dem Magazin der Deutschen Stiftung Denkmalschutz (links an der Wand), sehen kann.
In den Nebenräumen sind die (Original-) Töpferscheibe und Werkzeuge zur Tonbearbeitung und –bemalung, zahlreiche Gipsmodeln der Homberger Töpferei Gimpel/Schake ausgestellt (ehemals im Gebäude des heutigen Standesamts). Der Töpferofen ist nur ein Modell.
Heute ist Hochzeit nur die Eheschließung, im Mittelalter war „hohe Zeit“ jedes Fest, und das Mittelalter feierte gern, oft und lange.
Heute sprechen wir von Stadthalle, Dorfgemeinschaftshaus.
Das Gebäude hat im Laufe seiner fünfhundertjährigen Geschichte als städtisches Festhaus, als Rathaus, als Pfarrhaus, Ständehaus, als Schule gedient. Seit den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts ist es Heimatmuseum. Als Haustyp wurde es als Wandständerbau erstellt, der bis ca. 1500 vorherrschenden Fachwerkbauweise. Diese war für den Ackerbürger, den Handwerker oder den (Fernhandels)-Kaufmann geeignet.